Die Do-it-yourself-Schlacht, oder “So einfach ist das!”
Mag sein dass ich die Dinge nicht so forsch angehe wie manch anderer. Ich bin eben kein Hauruck Mensch wie Hartmut, der keine Probleme kennt, der, ohne lange zu überlegen, zupackt, eine Sache erledigt und dann grinsend sagt: “So einfach ist das!”.
Nicht dass ich etwas gegen Hartmut hätte, er ist immerhin mein Schwager, aber durch seine Art, die Sache in die Hand zu nehmen, stehe ich bei meiner Frau manchmal da, wie ein bei einer Unkorrektheit ertappter Schüler.
So hielt sich meine Begeisterung in verständlichen Grenzen, als meine Frau mir mitteilte, dass Hartmut uns beim bevorstehenden Umzug helfen wolle und gleich mal auf einen Sprung vorbeikomme. Was ich befürchtete, traf dann auch ein. “Was schreibst´n da?” wollte er nach einer burschikosen Begrüßung wissen. Ich mache einen Umzugsplan, gab ich unwillig Auskunft. Zum Beispiel, wann der Elektriker bestellt werden muss... “Was´n Unsinn”, rief Hartmut aus, “wofür wollt ihr´n Elektriker bezahlen? Das machen wir doch selbst...”
Der Blick meiner Frau sprach Bände. Wenn es ums Geld sparen ging, gab es so gut wie keine Argumente mehr für mich. Aber meinetwegen, ich jedenfalls habe einen Heidenrespekt vor der Elektrik und hätte das lieber den Fachmann machen lassen.
Mein Verpackungsplan wurde ebenso schnell vom Tisch gewischt. “Wir nehmen´s, wie´s kommt”, bestimmte Hartmut. Die Möbelpacker werden schon zurechtkommen..., setzte ich hinzu.
“Möbelpacker? Willst du dein Geld zum Fenster raus werfen? Wir werden das Zeug allein packen, allein schleppen und allein verstauen. Da sparst du ne Menge Geld”. Und schon hatte meine Frau wieder den Sparblick in der Pupille. Was soll´s. Der Möbelwagen kommt morgens um 7:00 Uhr, sinnierte ich. Wenn wir am Abend zuvor schon die Schränke ausräumen... “Ich hör wohl nicht recht”, rief Hartmut aus. “Bestell den Möbelwagen ab. Was glaubst´n, was der kostet? Ich werde frühmorgens ´n Kleinlastwagen mieten. Notfalls haben wir eben drei Fuhren. Ist ja nicht lang, die Strecke. Innerhalb fünf Stunden ist der Fall vergessen. So einfach ist das!”.
Die Umzugsfirma hätte aber genügend Kartons und Kisten wage ich noch einen zaghaften Einwand. “Kartons, Kartons... die holen wir uns im Supermarkt. Da kriegst du die Dinger nach geschmissen!”
Tja nach geschmissen. Nach geschmissen hätte ich ihm am liebsten was, meinem Schwager Hartmut, denn am Tag X klappte überhaupt nichts. Am Morgen war ich noch unterwegs, um Kartons zu besorgen. Der Supermarkt brauchte seine nämlich selbst für die Kunden. Die Ausbeute war alles andere als zufriedenstellend. Verpacken Sie mal ein zwölfteiliges Essservice in einer Keksschachtel!
Dann verging unerbittlich die Zeit, und Hartmut kam mit dem LKW nicht. Meine Frau begann inzwischen mit schalen Lippen, die Bettbezüge in Säcke für nicht zerbrechlichen Kleinkram umzufunktionieren.
Kurz vor Mittag schließlich tauchte Hartmut auf - zu Fuß! Er hätte “auf die Schnelle” keinen LKW mieten können. So etwas bestellt man ja auch im voraus, sage ich bissig, dann hat man ihn, wenn man ihn braucht - so einfach ist das! Ich telefoniere mit der Umzugsfirma, vielleicht dass die kurzfristig noch... Es gab einen fürchterlichen Knall, sämtliche Lichter gingen aus. Hartmut wankte mit stieren Blick aus der Küche. “Ich, ich wollte den Elektroherd...” und, jetzt hat dich der Schlag getroffen, schnaubte ich, so einfach ist das!
Der geneigte Leser möge mir weitere Einzelheiten meines Umzuges ersparen. Es wurde noch turbulenter. Auf die Schnelle war kein Möbelwagen mehr aufzutreiben, und am Nachmittag wollten bereits die neuen Mieter einziehen. Hier versagte die Hauruck-Methode meines Schwagers Hartmut.
Glücklicherweise kamen wir mit den Möbelpackern unserer Nachmieter ins Geschäft. Während die hoch trugen, trugen wir runter. Das führte zwar zu einigen Verwechslungen, doch letzten Endes klappte es doch noch. Der von unseren Nachmietern bestellte Elektriker kümmerte sich glücklicherweise auch um unsere Elektrik. Von Hartmut hörte man an diesem Tag nicht mehr viel. Wahrscheinlich ging er in sich, während er Unmengen von Keks- Waschmittel- und andere Kartons die Treppe hinunter trug.
Ein Gutes allerdings hatte diese ganz unerquickliche Geschichte. Meine Frau betrachtet mich neuerdings mit einer gewissen Bewunderung, wenn ich alles genau plane und vorbereite. Schließlich, das weiß ich ja von meiner Arbeit im Betrieb: Nur gut vorbereitete und sicher durchgeführte Arbeit ist auch gute Arbeit - so einfach ist das!
Übrigens haben die Möbelpacker Hartmut versichert, auch in Zukunft keine Schuhe selbst zu besohlen - auch Hartmut bleibt in Zukunft bei seinen Leisten.
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